Karl Schubert Nachlass

Der Karl Schubert Nachlass wurde von Leonie Schubert aufgearbeitet und dem Ita Wegman Institut übergeben. Er enthält Photographien, Notizbücher, Unterrichtshefte, Vortragsmanuskripte und Aufsätze, aber auch künstlerische Arbeiten, darunter Erzählungen, Gedichte, Holzschnitz- und Glasschleifarbeiten.

Karl Schubert, Dr. phil. (1889–1949)

Karl Schubert war einer der herausragenden pädagogischen Schüler und Mitarbeiter Rudolf Steiners von grosser moralischer Kraft und heilpädagogischem Können. Dr. Schubert leitete die Hilfsklasse der Freien Waldorfschule Stuttgart bis 1934, dann – unter der nationalsozialistischen Regierungszeit und bis zum Kriegsende – eine private Hilfsklasse in seiner Stuttgarter Wohnung.

„Als die Waldorfschule 1938 von den Machthabern des „Dritten Reiches“ geschlossen wurde, konnte Schubert seine Hilfsklasse weiterführen – sie wurde übersehen, da sie offiziell nicht mehr zur Schule gehörte. Seine Gruppe umfasste 30 bis 40 Kinder. Zu den lernschwachen war eine Anzahl von Kindern mit Down-Syndrom gekommen. Überraschend und rätselhaft bleibt, warum seine Schützlinge nicht dem Euthanasie-Gesetz zum Opfer fielen. Schubert selbst stand noch 1944 wegen seiner jüdischen Abstammung auf einer Liste zur Deportation in ein Arbeitslager, was durch den Einsatz von Freunden bei den Behörden verhindert werden konnte.“
(Hanke)

Karl Schubert war ein enger Mitarbeiter Ita Wegmans in der Medizinischen Sektion am Goetheanum im Bereich der Heilpädagogik; er schuf unter anderem das Gedicht „Über Sterne über Sonnen“ und die Erzählung „Mariens Sternenfahrt“.

„Dr. Schubert wirkte so überzeugend für die Wahrheit der Waldorfschule im Ganzen.“
(Rudolf Steiner)

Lebensdaten

1889 25. November: Geburt in Wien, Josefstaedter Strasse 11. Mütterlicherseits jüdischer Herkunft. Katholische Taufe.
Besuch der Grundschule. Umzug nach Klagenfurt. Gymnasium
1903 Besuch eines theosophischen Vortrages über das nachtodliche Leben („Der Tod und was dann?“ Edwin Böhme). Liest u.a. Meister Eckhart, Angelus Silesius, Novalis
1907 Mitglied der Theosophischen Gesellschaft
1908 Sommer: Abitur
Beginn des Studiums der Geschichte, der Sprachwissenschaft und Philosophie (Wien).
November: Begegnung mit Rudolf Steiner (Goethe-Vortrag Klagenfurt). „Ein Fundamentalgefühl vom Menschsein ergriff die Seele, während man ihm zuhörte. Man erlebte sich als Mensch bestätigt.“ (Schubert)
1909 Sommersemester Paris (Sorbonne)
1909/10 Wintersemester London (Kings College)
1911 Sommersemester Paris (Sorbonne)
Dezember Mitwirkung am Oberuferer Christgeburtspiel (Wien)
1915 Promotion über Friedrich Rückert
Weltkriegsteilnahme. Verabschiedung von Rudolf Steiner: „Haben Sie keine Angst, ich bin bei Ihnen, denken Sie an mich. Nehmen Sie die Geheimwissenschaft im Umriss mit.“ (Steiner)
1916 20. Mai: Hochzeit mit Helene Nierl in Wien
Juli: russische Kriegsgefangenschaft
1918 Mai: Rückkehr nach Wien. Wiederbegegnung mit Helene Schubert und Rudolf Steiner. Lehrer an einer privaten Handelsschule.
1919 21. Februar: Geburt des Sohnes Michael
1920 März: Lehrer für Englisch, Französisch, Latein und Griechisch an der Freien Waldorfschule Stuttgart. Begründung und Übernahme der „Hilfsklasse“.
Dezember: Besuch der Oberuferer Weihnachtsspiele in Dornach.
1921 7. September: Vortrag beim Stuttgarter Hochschulkurs: „Geist und Seele im Leben der Sprache“.
Kontinuierliche Arbeit in der „Hilfsklasse“.
Dezember: Aufführung des Oberuferer Christgeburt- und Königsspiels in der Stuttgarter Waldorfschule.
1922 Vortrag auf dem West-Ost-Kongress in Wien.
Dezember: Rudolf Steiner übergibt Karl Schubert den „Baumsinger“-Prolog in Dornach.
1923 Vorträge auf der Summerschool in Ilkley.
Weihnachstagung: Vortrag: „Anthroposophie, ein Führer zu Christus“.
1924 12. Februar: Mitglied der Ersten Klasse der Freien Hochschule für Geisteswissenschaft.
6. Juni: von Rudolf Steiner und Ita Wegman autorisierter Goetheanum-Redner.
Juli: Vortrag in Arnheim. Stenographiert Jugend-Ansprache Rudolf Steiner (20.7.).
Juni/Juli: Teilnahme am Heilpädagogischen Kurs (Dornach).
September: Teilnahme am Dramatischen Kurs (Dornach) auf Bitten Rudolf Steiners.
1925 27. Februar: Versammlung im Lehrerzimmer. Lesung des Briefes von Rudolf Steiner.
30. März: Tod Rudolf Steiners.
31. März in Dornach am Totenlager.
Dezember: Bitte um Aufnahme in die Medizinische Sektion am Goetheanum.
1928 März: Besuch der Den Haager Waldorfschule.
3. Juni Vortrag auf der Erziehungstagung der Freien Waldorfschule Hamburg: Wege anthroposophischer Heilpädagogik.
August: Vortrag London – World Conference of Spiritual Science and its Practical Applications.
1929 Sommer: Vortrag Heilpädagogische Tagung London: „Practical experiences in the treatment of children needing special care of soul”.
1930 10. August: Vortrag Camp de Stakenberg, Holland: „Der Mensch in der Geschichte“
12. Oktober: Vortrag Stuttgart „Die religiösen Kräfte im Heilen und Erziehen“.
23. November: Vortrag Stuttgart „Was bedeuten moralische Jugendkräfte für die Gestaltung der Zukunft?“.
1931 Ostertagung Dornach. Vortrag über Heilpädagogik.
12. Juni: Hochschulkurse Stuttgart Vortrag „Kunst, Kultur und Initiation“.
November Hochschulkurse Stuttgart. 5 Vorträge: „Die Bedeutung des Religiösen in Erziehung und Heilung“.
1934 Mai: Schubert muss die Freie Waldorfschule wegen seiner jüdischen Herkunft verlassen. Ministerielle Genehmigung zur Führung eines privaten Hilfsklassenunterrichtes.
1938 März: Verbot der Waldorfschule. Arbeitet in seiner Privatwohnung weiter bis zum Ende des Krieges.
30. März Stuttgart Vortrag über Rudolf Steiner.
1944 November: Aufforderung zum Abtransport in Arbeitslager Bietigheim als Halbjude.
1945 Wiedereintritt ins Kollegium der Freien Waldorfschule als Religionslehrer (freier christlicher Religionsunterricht).
November: Vortrag auf der anthroposophischen Jugendtagung Stuttgart.
Wiederbeginn der pädagogischen und heilpädagogischen Kontakte nach Holland und England.
1947 Anthroposophische Hochschulwochen Stuttgart. Vortrag über die Vatergottreligion des 1. Jahrsiebtes.
1948 8. April: Vortrag Lehrertagung Stuttgart: „Der weltpädagogische Impuls der Anthroposophie“.
November: Einweihung der St. John-School in Camphill/Murtle auf Bitten Karl Königs. Weiterreise nach Holland zur heilpädagogischen Konferenz. Eröffnung durch Karl König: „Kaspar Hauser“. Den Haag: Bericht über die anthroposophische Heilpädagogik in Schottland, England und Holland. Dezember Niederschrift des Aufsatzes „Erinnerungen an die Weihnachtsspiele“.
12. Dezember Ende der letzten Tagebuch-Notiz: „Friede allen Wesen!“
Letzte Silvesterfeier in Eckwälden
1949 1. Januar: Vortrag bei der Gedenkfeier für Marie Steiner (Stuttgart).
28. und 29. Januar: Vorträge in Schweinfurt: „Vom Lebensweg Rudolf Steiners“ und „Die Erziehung im Elternhaus“.
30. Januar: Einweisung ins Marienhospital.
1949 3. Februar: Tod in Stuttgart

Auswahlbibliographie

Werke von Karl Schubert

  • Friedrich Rückert als Dramatiker. Wien 1915 (Dissertation)
  • Der Mensch in der Geschichte. In: Die Drei. März 1920.
  • Aus der heilpädagogischen Arbeit der Hilfsklasse in Stuttgart. In: Natura Okt./Nov. 1926
  • Zur Erinnerung an Rudolf Steiner. In: Heydebrand, Caroline von (Hg.): Rudolf Steiner in der Waldorfschule. Stuttgart 1927
  • Die Hilfsklasse. In: Kolisko, Eugen (Hg.): Bilder von der Freien Waldorfschule. Stuttgart 1927
  • Die Menschenkunde in der Heilpädagogik. In: Zur Pädagogik Rudolf Steiners. September 1929
  • Rudolf Steiner als Vorbild für Lehrer und Heiler. In: Das Seelenpflege-bedürftige Kind. Schriftenreihe der Natura IV. Dornach 1930
  • Die erzieherischen Kräfte des Religiösen. In: Zur Pädagogik Rudolf Steiners. Dezember 1930
  • Das Erleben der Jahresstimmung im Unterricht der Hilfsklasse. In: Zur Pädagogik Rudolf Steiners. Februar 1932
  • Dr. Kolisko. Ein Erinnerungsbild. In: Schickler, Eberhard, Mellinger, Julia, Grone, Jürgen von (Hg.): Eugen Kolisko. Bilder aus seinem Leben und Wirken. Stuttgart 1940
  • Erinnerungen an die Weihnachtsspiele. In: Mitteilungen aus der Anthroposophischen Arbeit in Deutschland. Heft 6/1948

Über Karl Schubert

  • Fucke, Erhard: Siebzehn Begegnungen. Stuttgart 1996
  • Hanke, Hans-Jürgen: Karl Schubert. Lebensbilder und Aufzeichnungen. Dornach 2004
  • Hahn, Herbert (Hg.): Dr. Karl Schubert zur Erinnerung. Stuttgart 1949